Künstler-Proteste im Iran: Steinmeier lädt Zarif zur Vernissage nach Berlin ein

Es ist ein Skandal höchsten Ausmaßes, dass der deutsche Außenminister Steinmeier – so Regimezeitungen – Außenminister Zarif eingeladen hat, um mit ihm die Berliner Ausstellung einer Auswahl von Bildern der seit Jahrzehnten im Iran verbotenen Teheraner Sammlung moderner Kunst zu eröffnen. Anwesend sein werden außerdem Vertreter des iranischen Kulturministeriums.

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Aufgrund der Enthüllungen von Iran Appeasement Monitor (IAM) musste bereits der ursprünglich eingesetzte Repräsentant der Ausstellung, Majid Molanorouzi, der Leiter des Teheraner Museums (TMoCA) und Director of Visual Arts im Kulturministerium wieder ausgeladen werden, da er in diesem Jahr öffentlich die Preise an die Gewinner des antisemitischen Holocaust-Cartoon-Wettbewerbs verliehen hatte.

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Ursprünglich sollte die Eröffnung am 4. Dezember stattfinden. Laut Iran Appeasement Monitor vorliegenden Informationen wurde der Termin auf den 18.12. verschoben. Vom Propagandaministerium nach Berlin delegiert worden sein soll nun auch der als moderat propagierte Teheraner Bürgermeister und voraussichtliche Präsidentschaftskandidat, Mohammad Bagher Ghalibaf. Ghalibaf, ein Unterstützer des Holocaustleugners Ahmadinejad, war 1999 als Polizeichef Teherans verantwortlich für die Niederschlagung der damaligen Studentenproteste. Seine städtische Kulturorganisation ist zudem Mitorganisator des regelmäßig stattfindenden Holocaust-Cartoon-Wettbewerbs.

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Die Stiftung Preußischer Kulturbesitz gab bekannt, dass mittlerweile Ali Moradkhani, der Stellvertreter des Kulturministers. offizieller iranischer Verantwortlicher für die Ausstellung sei. Moradkhani ist unmittelbar dem Büro des Revolutionsführers Ali Khamenei unterstellt und führt tatsächlich nur dessen Kulturpolitik aus.

In deutschen Medien wird fälschlicherweise berichtet, dass der Rücktritt des so genannt liberalen Kulturministers. Ali Jannati. der Grund für die Verzögerung des Ausstellungsbeginns sei. Majid Molanorouzi teilte in  mehreren Interviews mit iranischen Zeitungen mit: „Diverse Ereignisse haben die Verschiebung dieser Ausstellung ausgelöst. Unter anderem die Berichte der iranischen Green Party in Deutschland über meine Anwesenheit beim Holocaustwettbewerb und außerdem die Verzögerung der Förderung von deutscher Seite haben dazu geführt, das Eröffnungsdatum eigentlich um zwei Jahre zu verschieben. Nach zahlreichen Sitzungen und der Ernennung von Ali Moradkhani zum Leiter der Ausstellung ist das Thema beendet. Vor nicht langer Zeit kam der Leiter des Deutschen Museums nach Iran, und die Vorbereitungen blühen und gedeihen nun wieder.“

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Was Molanorouzi jedoch nicht erwähnt, ist, dass durch die Enthüllungen von IAM und die Proteste der Menschenrechtsorganisation Stop The Bomb die kritischen Künstler im Iran zusätzlich motiviert wurden, gegen die restriktive und kriminelle Kulturpolitik des Systems zu protestieren.

Sie protestieren seit Monaten unter der Federführung von AFSHIN PARVARESH gegen den Transfer der Teheran-Sammlung außerhalb des Landes. Sie fordern, dass keine Ausstellungen in Berlin und Rom stattfinden darf, solange die verbotenen Bilder nicht vollständig und für alle (nicht nur wie seit Jahren wenige Bilder vor ausgewähltem Publikum) gezeigt wurden. Außerdem werden die Geheimhaltung von Details des deutsch-iranischen Kulturvertrages kritisiert. Wobei bis dato tatsächlich weder die deutsche Stiftung noch das Teheraner Museum bis auf vage Versprechungen (“Pollock, Rothko und Bacon”) Angaben zu den auszustellenden Bildern gemacht haben. Eine Praxis, die angesichts einer derart Sensationen versprechenden Ausstellung abwegig und außergewöhnlich anmutet. Die Künstler beklagen außerdem, dass es bisher keine offiziellen Bestandslisten der Kulturschätze des Museums gibt. Eine nicht bekannte Anzahl von Gemälden wurde offenbar gestohlen und teilweise im Ausland unter der Hand verkauft. Auch weil die von Farah Diba zusammengestellten Exponate während der Revolution von 1979 beschlagnahmt wurden, fehlen Nachweise über den staatlichen Erwerb der Werke. Es besteht die Befürchtung, dass die Bilder nicht in den Iran zurückkehren würden.

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Steinmeier schrieb im Einladungsbrief an Zarif: „Es wurde mir berichtet, dass es Sorgen hinsichtlich des Ausleihens der Werke gibt. Gerne nutze ich diese Gelegenheit, um die Bedenken zu beseitigen. (…) Ich garantiere die Rückkehr der Bilder.“ Damit ignoriert er, dass das Regime die Künstler im Iran mit einem Trick abgespeist hat.

Die der Rouhani-Regierung nahe Kulturkommission Majles hat scheinheilig von dem Stellvertreter des Kulturministers, Ali Moradkhani, eine offizielle Genehmigung des Rouhani-Kabinetts für den Transfer der Exponate gefordert, die von Rouhani selbst unterschrieben werden müsse. Sowie eine von deutscher Seite unterzeichnete Rückkehrgarantie für die Werke. Erst wenn alle Einzelheiten zu diesen Fragen geklärt seien, könne der Transfer vom Majles und danach vom Wächterrat beschlossen werden. Für die Bearbeitung dieser gesetzlichen Verfahren aber ist keine bestimmte Frist festgelegt. Während allerdings bereits längst klar war, dass das Büro des Revolutionsführers Ali Khamenei dem Ausstellungsvertrag des Rouhani-Kabinetts mit Deutschland bereits zugestimmt hatte und – gemäß Verlautbarungen – das Kulturministerium schon kürzlich achtundzwanzig Bilder der Teheraner Sammlung nach Rom transferiert hatte (Ilna).

In Berlin sollen 30 Bilder aus dem Bestand des Museums zusammen mit 30 Bildern kontemporärer iranischer Künstler gezeigt werden. Die Ausstellung wird außer von der Stiftung Preußischer Kulturbesitz durch das deutsche Kulturministerium – mit 3 Millionen Euro – und das Außenministerium – mit über 500.000 Euro – gefördert. Dazu kommt die prozentuale Beteiligung an Einnahmen aus dem Ticketverkauf, die angeblich für das Teheraner Museum of Modern Art verwendet werden soll.

Laut Iran Appeasement Monitor vorliegenden Informationen hat das Regime als solche bekannte Vertreter der iranischen Kunst-Mafia, die Kunsthändler (im Bild von links nach rechts) Puria Molanorouzi (Sohn des Direktors des Teheraner Museums, Majid Mollanorouzi), Mazdak Feyznia und Reza Ajideh mit dem Transfer der Werke aus dem Iran beauftragt und damit, die dreimonatige Ausstellung in Berlin vor Ort  zu begleiten. Zudem ist die Leiterin der von der iranischen Revolutionsgarde betriebenen Teheraner Frauen-Universität „Alzahra“, Parisa Shad Ghazvini als Kuratorin für den iranischen Teil der Ausstellung verantwortlich. Sie hat eine wichtige Rolle in der Kulturrevolution der Islamischen Republik gespielt und war maßgeblich an der “Reinigung” der School of Art von kritischen Künstlern beteiligt.

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Welche Künstler den Iran bei der Ausstellung in Berlin vertreten werden, ist ebenfalls völlig unklar. Die Aussagen Majid Molanorouzis zur venezianischen Biennale 2015 jedoch sind ein deutlicher Hinweis darauf, womit man zu rechnen hat: “Alle Künstler sind repräsentativ für die Revolution, die sich unter dem Dach des Ministeriums für Islamische Kultur und Aufklärung der Islamischen Republik umfassend verpflichten. (…) Wir trennen die bildende Kunst nicht von dem islamischen System. Diejenigen, die die islamische Regierung und den Staat nicht akzeptieren, gehören nicht unter uns. Ihnen dürfen keine Hilfe und Möglichkeiten gewährt werden. (…) Anti-religiöse Künstler und Frauen ohne Hijab (Verschleierung) nehmen wir nicht zu der 56. Biennale in Venedig mit. (…) Wir berücksichtigen die bildende Kunst auch in unseren politischen Beziehungen. Das Spektrum der islamischen Kultur und der Politik der Islamischen Republik Iran hat sich heute erfolgreich durchgesetzt. Wir sprechen jetzt von einem islamischen Erwachen in der bildenden Kunst in der Region.“ MehrNewagency

Das massive Zensur betreibende Regime hat unzählige oppositionelle Künstler im Iran verhaftet und ermordet oder ins Exil getrieben, wo es sie nach wie vor terrorisiert: Zum Beispiel Ferydoun Farrokhzad in Bonn und Shahin Najafi in Köln, ganz zu schweigen von der Todesfatwa gegen den britischen Schriftsteller Salman Rushdi und weitere Künstler. Nach dem Deal hat sich die Situation der Menschenrechte im Iran noch weiter verschärft. Mit einer Hinrichtungswelle bekämpft Rouhanis Regierung die wachsende Unzufriedenheit der Bevölkerung. Jeden Tag werden mindestens 5 Menschen exekutiert.

Diese Kulturdiplomatie befördert die deutschen Wirtschaftsbeziehungen mit dem Holocaustleugner-Regime. Nach der eilfertigen Verhüllung der Statuen bei Rouhanis Rom-Besuch 2015 ist dies die nächste Pervertierung der Freiheit von Kunst durch westliche Politiker und Kulturinstitutionen in Verbeugung vor einem zutiefst kunst- und menschenverachtenden Regime. Künstler, Schriftsteller, Musiker, Theater- und Filmemacher, Kulturproduzenten und Kulturpolitiker sollten die Ausstellung offen kritisieren und ihren Protest auch vor Ort verlautbaren.