Zum Fall der inhaftierten IS-Terroristen und der iranischen Opposition in Europa

Die deutsche Generalbundesanwaltschaft informierte am 15.4.20 über die Festnahme von fünf aus Tadschikistan stammenden mutmaßlichen Mitgliedern einer Terrorzelle der terroristischen Vereinigung „Islamischer Staat” (IS) in Nordrhein-Westfalen. Die Inhaftierten sollen sich Anfang 2019 dem IS angeschlossen haben und mit hochrangigen IS-Führern in Afghanistan und Syrien in Kontakt gestanden haben.

Die Bundesanwaltschaft teilte die Staatsangehörigkeit des „Islamkritikers“ in Deutschland, der im Visier der Inhaftierten stand, nicht mit. Das potenzielle Opfer ist laut renommierte Islamwissenschaftlerin Sigrid Hermann-Marschall der „offenbar aus dem Iran stammende und zum Christentum konvertierte „Amir Massoud Arabpour“ aus Neuss.

Einer der Beschuldigten, Ravsan B., „nahm einen mit 40.000 US-Dollar dotierten Auftrag zu einem Mordanschlag in Albanien an. Zur Umsetzung dieses Vorhabens reisten die Beschuldigten Ravsan B. und Farhodshoh K. nach Albanien. Die Ausführung des Auftrages scheiterte allerdings, woraufhin sich Ravsan B. und Farhodshoh K. zurück nach Deutschland begaben“ erklärt die GBA. Sie hält sich aber hinsichtlich des Ziels des Anschlags, der angeblich Anfang März 2019 in Albanien stattfinden sollte, bedeckt.

Der Fall ist auch deshalb für die iranischen Oppositionellen im deutschen Exil brisant, da der NRW-Verfassungsschutzbericht 2018 auf Aktivitäten der iranischen Geheimdienste (MOIS) gegen Regimegegner und speziell den Nationalen Widerstandsrat des Iran hinweist (Seite 286).

In Albanien sind seit 2014 rund 2500 Mitglieder des Nationalen Widerstandsrats untergebracht. Dessen Präsidentin, Frau Maryam Rajawi, weilt offenbar dort zu Besuch. Gegen sie wurden – gemäß albanischen Sicherheitsbehörden – Spionageaktivitäten und Terrorplanungen festgestellt. Albanien hat daher im Dezember 2018 den iranischen Botschafter Gholamhossein Mohammadnia, den Diplomaten Mostafa Roudaki sowie den Geheimdienstler Ferydoun Zandy ausgewiesen. Der Guardian berichtete, dass im März 2019 die albanische Polizei ein paramilitärisches Netzwerk des Iran entdeckte, das Angriffe auf Mitglieder von Mudjahdinkhalgh in Albanien geplant habe. Anfang März 2019 reisten Ravsan B. und Farhodshoh K., in einem Mordauftrags nach Albanien. „(Sie) scheiterten, weil das Opfer nicht eindeutig zu identifizieren war.” Focus vom 16.4.2019

Das schiitische Regime im Iran, die sunnitischen Al-Qida und Taliban sowie der islamische Staat (IS) vertreten eine gemeinsame Politik. Sie sind Feinde der Moderne, der USA und Israels und kooperieren darin. Zu diesem Zweck hat der Iran diverse finanziell potente Institutionen geschaffen, die vom Religionsführer Ali Khamenei kontrolliert werden: „Islamische Kommunikations- und Kulturorganisation (icro)“ im Propaganda-Ministerium und die „Weltversammlung von Ahl al-Bayt (AS) unter der Leitung des früheren Direktors des islamischen Zentrums Hamburg (IZH) Ayatollah Reza Ramazani“ und die „Weltversammlung zur Annäherung islamischer Religionen“ und die „internationale Al-Mustafa-Universität“ etc. arbeiten zusammen, um Sympathisanten und Mitglieder der konkurrierenden Religionen und Konfessionen für die Umsetzung der weltweiten schiitischen Ziele Teherans zu gewinnen.

In den letzten Jahren hat das Regime versucht, mit diversen Projekten der Qomer Al-Mustafa-Universität, iranischen ‘privaten‘ Investoren im Bankensektor und der gigantischen Firma der Revolutionsgarde (Ghargahe Khatam o Alanbia) mit Infrastrukturmassnahmen in Tajikistan Einfluss auf die gemäßigt islamisch geprägte Gesellschaft zu nehmen. Dazu gehört der Versuch, salafistische Tajiken und ISIS-Symphatisanten im Land einzubinden. Die Sprache in Tadschikistan ist ein Dialekt des Persischen.

The Telegraph berichtete am 1.11.2017: „Ein 19-seitiges Dokument, das am 2. Mai 2011 bei einem US-Überfall auf das Versteck des Al-Qaida-Gründers in Aboutabad-Pakistan beschlagnahmt wurde, dokumentiert eine Vereinbarung zwischen dem Iran und Mitgliedern der Gruppe, um amerikanische Interessen in “Saudi-Arabien und am Golf” anzugreifen. Im Gegenzug bot der schiitische Iran sunnitischen Militanten Geld, Waffen und Training in Hisbollah-Lagern im Libanon an. Der iranische Geheimdienst erleichterte auch die Reise einiger Al-Qaida-Aktivisten mit Visa, während auch andere im Iran geschützt wurden.“ Dieses Dokument beinhaltet ein Video der Hochzeit von Bin Ladens Sohn Hamzah, das laut CIA 2011 im Iran aufgenommen wurde.

Trotzdem gab es am 7.6.2017 in Teheran einen Angriff auf das Grab von Ayatollah Khomeini und das Parlament (Majles) durch fünf aus dem Iran stammende Mitglieder des IS. Ob das Attentat aus dem Ausland vom IS beauftragt oder vom Regime selbst inszeniert wurde, um für seinen angeblichen Kampf gegen den IS im Sinne der Sicherheit des Iran instrumentalisiert zu werden, bleibt unklar.

Die Beziehungen zwischen dem iranischen Regime und ISIS, Al-Qaida und den Taliban – auch über Katar – sind vielfältig. Zur verdeckten Kooperation Teherans mit ISIS siehe Dr. Matthias Küntzel in Jungle World 26, 26. Juni 2014.

Diese Beziehungen nutzt das Regime – auch in Anbetracht des Appeasement und der westlichen guten Geschäftsbeziehungen mit dem Iran – vor allem zur Stärkung seiner Terrorpolitik, deren Hauptopfer die organisierten Oppositionellen im Exil, die sich für die Abschaffung des Regimes engagieren, sind.

Die islamische Republik nutzt neben eigenen Attentätern und der libanesischen Hizbullah, auch um den Focus auf sie abzulenken, in den letzten Jahren immer wieder Kriminelle aus der Region zur Ermordung von Oppositionellen im Ausland: Das Regime hat zuletzt durch die marokkanisch-niederländische „Rezwan Al-Taghi“ zwei Regimegegner in den Niederlanden: Ali Motamed (Mohammadreza Kollahi) im Jahr 2015 und Ahmad Moula-Abounahez (Ahmad Neissi) im Jahr 2017 ermorden lassen. Laut eines niederländischen Gerichtes zahlte das Regime dem Mörder des angeblichen Ex-Aktivisten der Mudjahedinkhalgh, Mohammadreza Kollahi, eine Belohnung von 130.000 Euro.

Am 1.Juli 2018 wurde ein Diplomat der iranischen Botschaft in Wien ,Assadollah Asadi“ nahe Aschaffenburg in Bayern festgenommen. Er wird beschuldigt, an der Organisation eines Terroranschlages gegen eine Versammlung des Nationalen Widerstandsrates von 25000 Exil-Iranern bei Paris (1.7.18) beteiligt gewesen zu sein. Der Anschlag konnte durch die frühe Kooperation belgischer und deutscher Polizeibehörden vereitelt werden.

Der NRW-Verfassungsbericht 2018 warnt ausdrücklich: „Der zivile In- und Auslandsnachrichtendienst der Islamischen Republik Iran (MOIS) beobachtet schwerpunktmäßig im Exil agierende Oppositionskräfte, insbesondere die in Nordrhein-Westfalen stark vertretene „Volksmodjahedin Iran-Organisation (MEK)“ und deren politischen Arm, den „Nationalen Widerstandsrat Iran (NWRI)“. Es besteht nun die Gefahr, dass MOIS auch ISIS-Angehörige aufgrund deren Geldnot für die Terrorpolitik gegen die iranischen Oppositionellen und Regimekritiker hierzulande rekrutieren.

Deshalb wäre es im Sinne der allgemeinen Sicherheit und der aller iranischen Oppositionellen im deutschen Exil notwendig, durch die Generalbundesanwaltschaft die Identität der Anschlagsziele in Albanien und des potenziellen Opfers, des „Islamkritikers“ Amir Massoud Arabpour bekannt zu geben.