Sehr geehrte Frau Bundeskanzlerin Dr. Merkel,
ich schreibe Ihnen im Namen der oppositionellen Green Party of Iran, weil Sie gegen die Einladung Hassan Rouhanis durch den deutschen Außenminister Frank Walter Steinmeier in Teheran (2.2.) bisher nicht öffentlich protestiert haben. Ohne Ihr Einverständnis hätte eine solche Einladung kaum erfolgen können.
Sehr geehrte Frau Dr. Merkel,
Sie haben in Ihrer Rede vor der Knesset erklärt: „Israels Existenzrecht ist Teil der deutschen Staatsräson“. Ein Berlin-Besuch des Präsidenten des Mullah-Regimes, dessen unverhohlenes Ziel es ist, Israel zu vernichten, würde diese Position konterkarieren.
Zudem kündigten Regimezeitungen vor Kurzem Ihre bevorstehende Reise nach Teheran an, wo Sie wie alle Frauen vor Ort ein Kopftuch würden tragen müssen. Ein einziges Fotos von Ihnen und Rouhani genügt dem Regime, um seine menschenverachtende Frauenpolitik zu beschönigen.
Rouhani ist mitverantwortlich für die Terrorpolitik der Islamischen Republik Iran, die weitaus schlimmer ist als die grausamen Handlungen von ISIS. In 37 Jahren Willkürherrschaft wurden Millionen Iraner ins Exil getrieben und zehntausende verhaftet, gefoltert, hingerichtet und ermordet.
Rouhanis Regierung hat repressive Regelungen erlassen, die iranische Frauen mittels Kleidungsvorschriften und Zwangsverschleierung bis hin zu Zwangskinderehen verschärft tyrannisieren. Frauen werden von Regimetruppen auf der Straße mit Säure und Messern angegriffen. Seit dem Amtsantritt Rouhanis wurden 2300 Menschen exekutiert, darunter Frauen, Jugendliche, Homosexuelle, Angehörige religiöser und ethnischer Minderheiten und Systemgegner. Während der Iran-Besuche deutscher Politiker und Wirtschaftsvertreter sind Dutzende Hinrichtungen in den Gefängnissen und auf öffentlichen Plätzen anzuklagen. Dagegen verloren die deutschen Besucher vor Ort kein Wort. Darüber hinaus wurden mehrmals die schutzlosen asylsuchenden Oppositionellen in Camp Ashraf und Camp Liberty im Irak von terroristischen Handlangern des iranischen Regimes angegriffen und über hundert getötet und unzählige verletzt.
Was sich hinter Rouhanis Kulturpolitik im religiösen System – die als Vorbild der Bilderstürmerei von ISIS gelten darf – verbirgt, wurde zuletzt bei seinem Besuch in Rom deutlich, als er Marmor-Statuen verhüllen ließ, da sie der Einheit von Islam und Kunst widersprächen. Ungeachtet dessen soll zur Beförderung des Kulturdialoges in diesem Jahr auf Initiative des Außenministers Steinmeiers eine in Berlin beginnende Wanderausstellung der 1979 von den Mullahs geraubten und seither im Verborgenen gehaltenen Sammlung westlicher Exponate Farah Dibas veranstaltet werden, während die Ausstellung der Werke seit dreieinhalb Jahrzehnten für die Kunstliebhaber im Iran verboten ist.
Liebe Frau Dr. Merkel,
Deutschland ist Teil der P5+1 Gruppe, die den Atom-Deal mit Rouhani abgeschlossen hat, in der fatalen Hoffnung, zur Mäßigung des Systems beizutragen. Seitdem aber hat das Regime die Menschenrechtsverletzungen, seinen Judenhass und seine antiisraelische Politik in den staatlichen Medien und auf öffentlichen Veranstaltungen noch intensiviert.
Am Holocaust-Gedenktag verbreitete der religiöse Führer Khamenei auf seiner Website ein Video, in dem die Tatsache des Holocaust in Frage gestellt und internationale Holocaustleugner als Märtyrer der Meinungsfreiheit präsentiert wurden. Im Juni 2016 soll der nunmehr dritte internationale Holocaust-Karikaturenwettbewerb stattfinden. Diese antisemitische Ausstellung wird durch die Stadtverwaltung Teheran und die ‚Kulturinstitutionen‘ des kriminellen Öl- und Gas-Konzerns der Revolutionsgarden „Ghararghah-e Khatam-ol-Anbia/Gorb” gefördert, die auf den Sanktionslisten der USA, EU und UNO standen bzw. stehen, weil sie aktiv an den Raketen- und Atomprojekten Irans mitarbeiten.
Auch deshalb ist es zu bedauern, dass der deutsche Vizekanzler Sigmar Gabriel im Mai erneut mit einer Wirtschaftsdelegation nach Teheran reisen will. Dies ist eine Verhöhnung der Opfer des systematischen Mordes der Nationalsozialisten an sechs Millionen Juden.
Liebe Frau Dr. Merkel,
die Bundesregierung will Rouhani in die Lösung der Auseinandersetzung zwischen Saudi Arabien und dem Iran und in die Flüchtlingsproblematik, die aus dem Syrien-Konflikt resultierte, einbinden. Diese Politik ist zum Scheitern verurteilt.
Unter Rouhani wird statt der Parole Khomeinis, dass “die Eroberung von Quds (Jerusalem) über Kerbala im Irak” führen würde, nun verbreitet: „Der Weg nach Jerusalem führt über Mekka und Medina in Saudi Arabien“. Der dritte schiitische Imam Hossein ist in Kerbala begraben und gilt den Mullahs als ideologisches Symbol für Märtyrerbereitschaft im Heiligen Krieg gegen die USA und Israel. Das Regime bezeichnet die saudi-arabischen Herrscher als „Juden-Familie“, die die Wurzel aller internationalen Probleme und für alle „Widerlichkeiten des zionistischen Israels“ verantwortlich seien. Es wird betont, dass nach dem “baldigen Sieg” der “jemenitischen Bevölkerung” gegen “die bösartigen Juden-Saudis” die Welt vor Israel gerettet würde.
Rouhani sagte am 8.2. „Wenn die Revolutionsgarden nicht in Syrien und im Irak wären, hätten wir keine Sicherheit und hätten den Atom-Deal nicht erreicht.“ Syrien bietet dem Regime und seine antisemitischen Verbündeten das Tor zu Israel.
Laut einer neuen Studie sind in Syrien durch den militärischen Einsatz Irans und Russlands und Assads Armee 470.000 Menschen getötet und 45 Prozent der Bevölkerung vertrieben worden. Rouhani entsendete in diesen Tagen noch einmal 40.000 Milizen nach Aleppo, nicht um gegen die ISIS-Terrormilizen zu kämpfen, sondern zur Unterstützung Russlands, das die Stadt systematisch bombardiert. Die Folge ist ein erneuter Flüchtlingsstrom in die türkischen Grenzgebiete und später nach Europa.
Statt die Fluchtursachen und hier vor allem die Intervention des iranischen Regimes zu bekämpfen, bindet die deutsche Regierung die Mullahs in die Flüchtlingspolitik ein, was deren gefährliche schiitisch-islamistische Offensive auch in Deutschland befördert.
Vize-Kanzler Gabriel schrieb in seinem Beileidsbrief zu Aschura (Oktober 2015), aus Anlass des Todes Imam Hosseins, an Mahmoud Khalilzadeh, den Vorsitzenden der vom religiösen Führer geförderten IGS: “Die Islamische Gemeinschaft der schiitischen Gemeinde in Deutschland hat die Herzen und Türen für Flüchtlinge weit geöffnet. Ich danke Ihnen insbesondere für Ihren Aktionstag „Liebe und Diene“ zum Opferfest. (…) Das Schicksal von Imam Hossein und seiner Familie kann uns alle lehren, dass am Ende das aufrichtige Einstehen für Freiheit und Mitmenschlichkeit stärker ist als Krieg und Gewalt“.
Khalizadeh, ein Vertrauter Rouhanis, jedoch sagte kürzlich: „Der Aufstieg von ISIS hat die Aktivitäten der Salafisten in Deutschland gelähmt und blockiert und uns die Rahmenbedingungen für das Angebot der schiitisch Aktivitäten im Sinne der Ahlul Bayt (Apokalypse) bereitgestellt.“ Ein Partner von Khalilzadeh ist der iranische Mullah Hassan Shahrour (Al Mustafa Moschee, Berlin), der kürzlich den antisemitischen Hizbollah-Mörder Samir Kuntar feierte und auf Veranstaltungen der IGS und des Islamischen Zentrum Hamburg auftritt.
Liebe Frau Dr. Merkel,
Rouhani nahm auf seine Italien- und Frankreich-Reise Revolutionsgardisten und Geiselnehmer der US-Botschaft mit, die in seinem Kabinett als Minister oder als Direktoren der iranischen Industrie fungieren: Abbas Akhoundi, Mohammad Saeidi, Hamid Aboutalebi, Massoumeh Ebtekar und andere. Sie unterschrieben Wirtschaftsverträge in Rom und Paris. Anschließend reiste Akhoundi, der iranische Verkehrsminister nach Berlin (28.1.), um sich mit dem Siemens-Chef und der deutschen Wirtschaft zu treffen.
Dass man nach Aufhebung der Sanktionen durch Bahnprojekte, den Verkauf hunderter europäischer Airbus-Maschinen und Kraftfahrzeuge und dergleichen der iranischen Bevölkerung helfen könnte, ist eine Illusion. Diese leidet vor allem unter dem Regime, unter der jahrezehntelangen Kriegs- und Atomwirtschaft der Revolutionsgarden und der Stiftungen des religiösen Führers, unter gravierender Umweltverschmutzung, extremer Armut, Arbeitslosigkeit, Drogenabhängigkeit, Prostitution, Korruption und vielem mehr. Dazu tragen auch das Appeasement und die Geschäftsbeziehungen ihren Teil bei.
Rouhani nutzt die Schwäche von Präsident Obamas Iranpolitik aus. Die USA entschuldigten sich bei den Mullahs als amerikanische Marine-Soldaten von der Revolutionsgarde festgenommen und in einem Video weltweit erniedrigt wurden. Tatsächlich hätte dies in nachdrücklichem Protest der europäischen Staaten und der Bundesregierung resultieren müssen. Durch das gefährliche Appeasement des Westens jedoch wird Rouhanis erpresserisches Vorgehen, mit „Konkurrenzdruck auf die europäischen Staaten bei Iran-Geschäften“, den Fortbestand der Sanktionen des US-Kongress gegen die Menschenrechtsverletzungspolitik, Raketenprogramme und den Terrorismus zu umgehen und aufzuheben, unterstützt.
Rouhani hat kürzlich befohlen, die Raketenprogramme der Revolutionsgarde auszuweiten, was auf die Forcierung einer Komponente des Atomwaffenprogramms hinausläuft. Die größte Gefahr besteht außerdem weiterhin darin, dass das jihadistische Regime, das auf seinem Anspruch auf die schiitisch-islamische Weltherrschaft besteht, nach dem Ende der Atomauflagen in 10-15 Jahren, durch die ihm nun erlaubte Nutzung von modernster Nukleartechnologie und Zentrifugen innerhalb kürzester Zeit die Brennstoff-Menge zur Herstellung Dutzender Atombomben realisieren kann. Dieses Gewaltinstrument ist untrennbar vereint mit seiner unreformierbaren klerikal-faschistischen Doktrin, in der es moderate Mullahs niemals geben kann.
Daher appelliere ich dringend an Sie und die Bundesregierung:
Der Mörder Rouhani darf nicht empfangen und hofiert werden.
Stattdessen müssen mit allen Mitteln die demokratisch-säkulare Opposition und die Systemgegner für Menschenrechte und einen Raketen- und Atomfreien Iran massiv unterstützt werden.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Kazem Moussavi
(Sprecher der Green Party of Iran)
Berlin, 13.2.2016