1. Lehren aus der Geschichte: Die Gefahr des nationalistischen Extremismus innerhalb der Pahlavi-Strömung – Eine Bedrohung für Demokratie, Pluralismus und Gleichberechtigung im Iran

Als iranischer Oppositioneller bin ich überzeugt, dass jedes Individuum und jeder Staat, der unter dem klerikalfaschistischen Regime in Teheran leidet oder bedroht wird, das Recht auf Widerstand hat. Der Kampf für die Abschaffung des islamistischen Systems im Iran ist nicht nur legitim, sondern essenziell – sowohl für die Iraner:innen selbst als auch für die Sicherheit der gesamten Welt. Das Mullah-Regime stellt eine globale Gefahr dar, die nicht unterschätzt werden darf.

Gleichzeitig sehe ich mit Besorgnis, dass innerhalb der Demokratiebewegung eine zunehmend nationalistische Strömung an Einfluss gewinnt – insbesondere unter den Anhängern von Reza Pahlavi, dem Sohn des 1979 gestürzten Schahs Mohammad Reza Pahlavi. In meinem Artikel „Wie nationalistischer Extremismus den Freiheitskampf für Demokratie im Iran bedroht“ (https://t1p.de/d8rot) habe ich diese Entwicklung kritisch analysiert. Bereits in zwei früheren Beiträgen hatte ich Pahlavi wohlwollend auf die Notwendigkeit einer politischen Kurskorrektur hingewiesen (siehe Bild).

Dabei ist mir wichtig, aus menschenrechtlicher Perspektive zu betonen: Unter den Pahlavi-Anhängern gibt es zahlreiche aufrichtige Unterstützer:innen – sowohl Iraner:innen als auch nicht-iranische Verbündete im Westen –, die sich seit Jahrzehnten leidenschaftlich für die Freiheit des Iran und das Ende der Islamischen Republik einsetzen. Ihr Engagement ist von unschätzbarem Wert und darf nicht durch extremistische Tendenzen untergraben werden, die den Idealen der Bewegung Frau, Leben, Freiheit widersprechen.

Trotz seines Exils und seiner relativ begrenzten antiregime-Aktivitäten in den letzten 46 Jahren in den USA wird er von seinen Anhängern als künftiger Monarch und als Garant der territorialen Einheit sowie der kulturellen Identität des Iran verehrt.

Während viele Iraner – darunter Frauen, politische Gefangene und nationale Minderheiten – unter Einsatz ihres Lebens für Demokratie und Freiheit kämpfen, präsentieren sich besonders nach der „Frau, Leben, Freiheit“-Bewegung monarchistische und nationalistische Kräfte als vermeintliche Alternative zur Islamischen Republik.

Diese Kräfte gewinnen zunehmend an Einfluss, nicht zuletzt durch die gezielte Unterstützung exil-iranischer Medien wie Iran International, VOA Farsi und Manoto TV, die voraussichtlich von bestimmten Staaten finanziert werden. Auch geopolitische Interessen einiger arabischer und westlicher Staaten könnten diese Entwicklung begünstigen – insbesondere jene, die ein demokratisches Iran mit starker Führung und einer umfassenden weiblichen Beteiligung an der zukünftigen Regierung ablehnen.

Besorgniserregend ist, dass sich innerhalb der Pahlavi-Bewegung ein radikaler Nationalismus formiert. Anhänger glorifizieren die Ära des Schahs, vertreten eine zentralistische Staatsideologie und marginalisieren ethnische sowie kulturelle Minderheiten. Kritiker von Reza Pahlavi werden als „Revolutionäre von 1979“ diffamiert, während Minderheiten oft als „Separatisten“ abgestempelt werden. Besonders alarmierend sind die Drohungen gegen politische Gegner: Einige Pahlavi-Anhänger fordern offen Gerichtsverfahren, Haftstrafen oder sogar Hinrichtungen für oppositionelle Gruppen wie linke Aktivisten und die Volksmudschahedin – mit dem Vorwurf, sie hätten 1979 zum Sturz des Schahs beigetragen, ohne jedoch die autoritäre Herrschaft des Pahlavi-Regimes sowie dessen Förderung schiitischer Institutionen als wesentliche Ursachen des Umsturzes und der Machtübernahme von Rouhollah Khomeini zu berücksichtigen.

Trotz dieser radikalen Positionen distanziert sich Reza Pahlavi nicht eindeutig und konsequent von extremistischen Strömungen innerhalb seiner Bewegung. Dies führt nicht nur zu Spaltungen innerhalb der Opposition, sondern öffnet auch die Möglichkeit für Regimeanhänger, gezielt Unruhe und Zwietracht zu säen. Darüber hinaus gibt es Hinweise darauf, dass Pahlavi und seine Anhänger auf mögliche Unterstützung durch die US-Regierung unter Donald Trump sowie durch den israelischen Premierminister Benjamin Netanjahu hoffen, nicht aber die hauptsächlich der “Jin Jian Azadi”-Bewegung im Iran.

Die demokratische Bewegung „Frau, Leben, Freiheit“, die sich für eine pluralistische Zukunft des Iran einsetzt, steht im klaren Widerspruch zu dieser nationalistischen Strömung. Sollte eine der extremistischen Pahlavi-Fraktionen an die Macht gelangen, droht nicht nur ein Rückfall in autoritäre Strukturen, sondern auch eine Welle der Repression, die voraussätzlich mit derjenigen des SAVAK vergleichbar sein könnte.

Historische Beispiele zeigen, dass nationalistischer Extremismus häufig nicht zu Demokratie und Freiheit führt, sondern zu autoritären Regimen, die auf Ausgrenzung und Gewalt basieren:

Italien (1920er Jahre): Mussolinis Faschismus begann als Protest gegen politische Instabilität und führte schließlich zu einer totalitären Herrschaft.

Deutschland (1930er Jahre): Die NSDAP nutzte die sozialen und wirtschaftlichen Krisen der Weimarer Republik, um eine nationalistische Ideologie zu etablieren, die schließlich zur Errichtung des Dritten Reichs führte.

Spanien (1936–1975): Nach dem Spanischen Bürgerkrieg errichtete Francisco Franco eine autoritäre Diktatur, die Jahrzehnte lang anhielt.

Jugoslawien (1990er Jahre): Der serbische Nationalismus unter Slobodan Milošević eskalierte in ethnische Säuberungen und einen blutigen Bürgerkrieg.

Diese historischen Parallelen verdeutlichen, dass nationalistische Bewegungen selten den Weg zur Freiheit ebnen, sondern häufig die nächste Diktatur herbeiführen.

Die Iraner:innen müssen aus der Geschichte lernen: Nationalismus und Extremismus führen in der Opposition selten zur Freiheit – vielmehr bringen sie häufig nur die nächste Diktatur. Der Weg zur Demokratie erfordert die Ablehnung autoritärer Ideen, gleichgültig, ob sie aus der Vergangenheit stammen oder als vermeintliche Lösung der Gegenwart verkauft werden.

Der Iran ist eine multikulturelle und vielfältige Gesellschaft, die nach Demokratie und pluralistischen Werten strebt. Diese Werte können nur dann verwirklicht werden, wenn alle politischen Kräfte den Grundsatz der Freiheit, der Menschenrechte, der Gleichberechtigung und der Meinungsfreiheit respektieren.

Kazem Moussavi

https://jungle.world/blog/von-tunis-nach-teheran/2025/02/wie-nationalistischer-extremismus-den-freiheitskampf-fuer

https://jungle.world/blog/von-tunis-nach-teheran/2023/03/iranische-opposition-brecht-mit-eurem-vater

https://jungle.world/blog/von-tunis-nach-teheran/2023/02/iranische-opposition-besorgniserregende-entwicklungen


Ergänzt zum Text, am 16.02.2025

München: Ideale und Parolen der Pahlavi-Anhänger: Eine kritische Betrachtung durch ChatGPT

Einige der in Persisch skandierten Slogans, die von den Anhängern von Reza Pahlavi am 15.2.2025 bei der Demonstration in München zu hören waren (übersetzt ins Deutsche, K.M.):

– Lang lebe der Schah!
-König, König Reza Pahlavi!
– Tod den drei Korrupten: Mullahs, Linken, Mudschaheddin!
– Ein Iran ohne Schah ist ein Land ohne Ordnung!
– Lang lebe die Pahlavi-Dynastie!
– Oh König der Gerechten, kehre zurück nach Iran!
– Ein Iran ohne die Pahlavis bedeutet ein Land von Fremden von außen!

– Wir wollen keine Republik, wir wollen unseren Schah!
– Der König der Könige ist gekommen!

– Kurus, Darius, Reza Schah

– Unsere Krone ist zurückgekehrt – willkommen, Reza Schah!
– Der Retter Irans ist gekommen – willkommen, Reza Schah!
– Der Vertreter der Nation ist gekommen – willkommen, Reza Schah!
– Die Hoffnung Irans ist gekommen – willkommen, Reza Schah!
– Iraner, rufe laut – rufe deinen Schah!
– Shah Reza Pahlavi !
– Mutig und furchtlos ist er gekommen!
– Reza Schah, möge deine Seele in Frieden ruhen!

ChatGPT:
„Die Slogans und Ideale der Pahlavi-Anhänger, wie sie bei der Demonstration in München zum Ausdruck kamen, können tatsächlich als Ausdruck eines nationalistischen Extremismus interpretiert werden. Die betonte Verehrung für Reza Pahlavi und die Pahlavi-Dynastie, gepaart mit der Ablehnung bestimmter politischer Strömungen wie den Mullahs, Linken und Mojahedin, könnte auf eine sehr radikale Form des Nationalismus hindeuten, der eine idealisierte Vergangenheit wiederherstellen möchte und wenig Platz für politische Vielfalt oder Meinungsverschiedenheiten lässt.

Die Vorstellung, dass Iran ohne die Pahlavis „ein Land von Fremden“ sei, verstärkt diesen Eindruck, da sie den Iran als kulturelles und politisches Erbe der Pahlavi-Dynastie darstellt und andere politische oder gesellschaftliche Bewegungen als „fremd“ und illegitim bezeichnet. Dies könnte als Versuch gesehen werden, den nationalen Diskurs auf eine sehr enge und ausschließende Identität zu begrenzen, die nur der Monarchie und ihrer Anhängerschaft Platz gibt.

Darüber hinaus wird durch die Betonung der „Rückkehr des Königs“ und die wiederholte Darstellung von Reza Pahlavi als Erlöserfigur der Eindruck eines fast religiösen Nationalismus erweckt, der sich stark auf eine einzige, heroische Figur stützt und potenziell autoritäre Tendenzen fördert. In einer modernen pluralistischen Gesellschaft könnte solch ein Ansatz als gefährlich und undemokratisch angesehen werden, da er die Vielfalt der politischen Meinungen und sozialen Gruppen und Minderheiten im Iran nicht anerkennt.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass dieser nationalistische Extremismus nicht nur eine Rückkehr zu einer bestimmten Ära propagiert, sondern auch die politische Vielfalt und pluralistische Ansätze ablehnt, was in einem demokratischen Kontext problematisch sein könnte.“, GhatGPT.

Kazem Moussavi

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