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Der Atomdeal und die Menschenrechte im Iran

Sehr geehrter Herr Präsident Obama,

ich schreibe Ihnen als eines der Millionen Opfer der Menschenrechtsverbrechen des iranischen Regimes und im Namen der Oppositionellen, die sich für Demokratie in einem atomfreien Iran einsetzen.

So wie das Regime keinerlei rechtliche oder humanitäre Grenzen in seinem Terror gegen die iranischen Menschen und in seinem Willen zur Vernichtung Israels und seinem Antiamerikanismus kennt, genauso wenig wird es seine Verpflichtungen aus dem Wiener Atom-Deal einhalten.

Das jahrzehntelange unnachgiebige Beharren des iranischen Regimes auf seinen Atomprojekten und den Konflikten mit der internationalen Gemeinschaft, die es dafür bereit ist, auf sich zu nehmen, sind ein Produkt seiner apokalyptischen Weltanschauung und seiner globalen Zielsetzungen, die für alle Zeit jegliche Reformen im System verhindern werden.

Der religiöse und politische Führer auch des angeblich moderaten Präsidenten Hassan Rouhani, Ali Khamenei, hat in seinem jüngsten Werk „Palästina“ erneut betont, dass er Israel von der Landkarte löschen und die ganze Welt unter seine fundamentalistisch islamische Herrschaft bringen will. Die USA bezeichnet er darin als „großen Satan“ und schreibt, die Vorherrschaft durch den Westen im Mittleren Osten müsse gestoppt werden.

Sehr geehrter Herr Präsident,

wir müssen aus der Geschichte lernen. Im Sommer 2009 entstand eine einmalige Bürgerrechtsbewegung, die Millionen Iraner erfasst hatte. Deren Erfolg hätte die weltweite Bedrohung durch die Atomprojekte des iranischen Regimes endgültig beenden und dem arabischen Frühling zum Sieg der säkular-demokratischen Demonstranten verhelfen können. Während der iranischen Massendemonstrationen aber haben die USA bedauerlicherweise mit Vertretern des Ex-Präsidenten Ahmadinejad verhandelt. Die Menschen auf den Straßen im Iran haben Sie um Ihre Unterstützung gebeten: “Präsident Obama, Obama! Sind Sie mit den Mullahs oder mit uns?” Verblendet haben die USA und Europa am menschenverachtenden System festgehalten und die Proteste der leidenden Menschen ignoriert.

Der fundamentale Fehler des Wiener Atom-Deals ist, dass in ihm das Regime nicht zur strikten Einhaltung der Menschenrechte aufgefordert wird. Seit dem Deal hat sich die Menschenrechtslage im Iran dramatisch verschlimmert: Alle fünf Stunden wird ein Mensch durch Rouhanis Regierung ermordet. In den Gefängnissen der Islamischen Republik werden die Leichen der hingerichteten Freiheitskämpfer in amerikanische und israelische Flaggen gewickelt und verscharrt.

Die Fünfzehn- bis Zwanzig-Jahresfrist des Deals garantiert das Weiterbestehen des Terror-Regimes, das in diesem Zeitraum Milliarden Gelder aus der Abschaffung der Sanktionen für die Intensivierung seiner Unterdrückungspolitik in der Region verwenden wird. Wie können dann die universelle Menschenrechte, Demokratie und Säkularismus fordernden Menschen im Iran noch für Freiheit kämpfen?

Ich möchte kritisieren, dass Sie den berechtigten Widerstand der demokratischen US-Abgeordneten und Senatoren gegen den Atom-Deal mit der Position der unmenschlichen Hardliner im iranischen System gleichsetzen. Während Sie selbst für eine Einigung mit dem schlimmsten Hardliner, Ali Khamenei, werben. Sie sind schlecht beraten, wenn Sie Ihre Position von Ratgebern aus den Reihen der angeblich friedensstiftenden Iran-Lobbyorganisationen wie NIAC bestimmen lassen. Dadurch unterstützen Sie Rouhanis taktische Illusion einer „Iranophobie“. Dessen Ziel ist es, so Israel zu denunzieren und zu isolieren, um seine Expansionspolitik ungehindert vorantreiben zu können.

Mit ausschließlich diesem Ziel setzt sich auch die Islamische Republik gegen ihre sunnitischen Konkurrenten vom Islamischen Staat (ISIS) in den von ihr beherrschten Gebieten in Syrien und im Irak zur Wehr. Ganz zu schweigen davon, dass ISIS nur aufgrund des Terrors des iranischen Regimes und der westlichen Appeasement-Politik ihm gegenüber in der Region florieren konnte. Daher darf Teheran von den USA keinesfalls als ein Partner zur Bewältigung des ISIS-Terrors hofiert werden. Die Quantität und Qualität des mehr als drei Jahrzehnte währenden staatlichen Terrors des Regimes, dem Hauptförderer und -profiteur des internationalen Terrorismus, ist unübertroffen.

Sehr geehrter Herr Präsident,

Es ist zu bedauern, dass Sie die Errungenschaften Ihrer Präsidentschaft mit dem Abschluss eines gefährlichen Atomdeals mit dem Iran vollenden wollen, und für dessen Durchsetzung mit der Drohkulisse eines Krieges argumentieren. Ein Krieg aber wird dann stattfinden, wenn Sie die Lösung für den Atomkonflikt nicht zuallererst beim Verursacher der Problematik ansetzen.

Die USA und Europa müssen deshalb den Vertragsabschluss von der umgehenden Auflösung der Revolutions- und der Al-Quds-Brigaden abhängig machen, sie sind der einzig machterhaltene Apparat des Regimes und dessen Koordinatoren und Organisatoren zum Bau der Bombe. Eben jene Revolutionsgarden jedoch werden mit dem Atom-Deal letztlich vom Westen beauftragt, ausgerechnet die wichtigste militärische Atomanlage von Parchin zu beaufsichtigen. Wie kann dann die internationale Gesellschaft noch vor den verheerenden Konsequenzen eines jihadistischen atomar bewaffneten Systems bewahrt werden?

Herr Präsident,

es ist Ihre menschenrechtliche Pflicht, den Vertrag und die Aufhebung der Sanktionen umgehend zu annullieren, so lange noch Oppositionelle, Frauen, Homosexuelle, Kinder und Minderheiten im Iran ermordet werden und „Tod USA und Tod Israel“ gerufen wird.

Daher appelliere ich dringend an Sie, an den Kongress und den Senat der USA, gemeinsam mit allen Mitteln und nachdrücklich die demokratisch-säkulare Opposition und die Systemgegner im Iran und im Exil massiv zu unterstützen, bevor sich die Mullahs atomar bewaffnen.

Vielen Dank und mit freundlichen Grüßen

Dr. Kazem Moussavi
(Sprecher der Green Party of Iran in Deutschland)

Berlin, 19.8.2015