Rede von Kazem Moussavi zum Gedenken an Jina Mahsa Amini auf der Berliner Kundgebung am Washingtonplatz, Unity for a Free Iran, am 15.10.2024.
Liebe Freundinnen und Freunde, vielen Dank für die Einladung!
Die Bewegung “Frauen, Leben, Freiheit” begann im Iran nicht erst 2022 nach dem staatlichen Mord an Jina Mahsa Amini. Mahsa steht als Symbol für die iranischen Frauen und Mädchen, die seit 1979 für Freiheit kämpfen – gegen Zwangsverschleierung, Ausgrenzung, Diskriminierung, sexuellen Missbrauch, das Patriarchat und die Unterdrückung durch das Mullah-Regime. Viele von ihnen wurden für diesen Kampf inhaftiert, gefoltert, hingerichtet oder vertrieben.
Das Ziel der Zan Zendegi Azadi-Jin Jian Azadi-Bewegung, in der Frauen die zentrale Rolle spielen, ist, das religiöse Genderapartheid-Regime zu stürzen und in einem modernen Iran ein demokratisches System zu errichten, das Menschenrechte, Säkularismus, Gleichberechtigung und Frieden umsetzt.
Im Gedenken an unsere Jina Mahsa Amini rufen wir: “Marg bar Joumhouri Islami” – Zan Zendegi Azadi
Liebe Freundinnen und Freunde,
die Woman-Life-Freedom-Bewegung ist ein deutliches Zeichen dafür, dass die kulturrelativistische Appeasement-Politik, wie sie auch von den deutschen Grünen sowie anderen Parteien gegenüber den islamistischen Mullahs betrieben wurde, gescheitert ist. Die Vertreter des Kulturrelativismus und der Kulturbeziehungen, darunter der Betrieb religiöser Einrichtungen des Regimes in Deutschland und die Städtepartnerschaft Freiburgs mit Isfahan, haben das Leid der iranischen Frauen unter der frauenfeindlichen Ideologie und Politik der Mullahs befördert.
Liebe Freundinnen und Freunde,
wir müssen aus der Geschichte lernen. Im Sommer 2022 entstand im Iran eine beispiellose, von Frauen geführte Bewegung, die weltweit Begeisterung auslöste. Ihr Erfolg hätte die Bedrohungen durch das Mullah-Regime – Atomprojekte, weltweiter Terror, Islamismus und Antisemitismus – beenden können. Das Oktoberpogrom der Hamas gegen Israel 2023 und die Unterstützung Putins in seinem Angriefskrieg auf die Ukraine wären womöglich verhindert worden. Die wehrlosen Demonstrant:innen der “Frauen, Leben, Freiheit”-Bewegung, die von den Revolutionsgarden niedergemetzelt wurden, haben vergeblich auf Unterstützung aus Deutschland, der Außenministerin Baerbock und dem Westen gehofft.
Außenministerin Baerbock instrumentalisierte die Proteste zunächst für ihre proklamierte “feministische Außenpolitik”, wandte sich dann aber gegen die Aufnahme der Revolutionsgarden des Frauenunterdrückungs-, Terror- und Bombenbauorgans des Regimes auf die europäische Terrorliste, mit fatalen Folgen:
Neben Tausenden von Verletzten, Toten, Inhaftierten, Hingerichteten und Vertriebenen der Proteste von 2022 gab es 2023 mindestens 850 Hinrichtungen. Und nach Angaben der UN-Menschenrechtsorganisation wurden 2024 bisher mehr als 400 Menschen hingerichtet, darunter 15 Frauen. Seit dem Amtsantritt des sogenannten Reformpräsidenten Massoud Pezeshkian im August 2024 wurden mehr als 160 Personen exekutiert, eine davon öffentlich. Unter den Hingerichteten befand sich Golamreza Rasaei, der an den Protesten von 2022 teilgenommen hatte. Todesurteile wurden auch gegen Frauen wie Pakhshan, Sharifeh, Nasim und Warishe sowie gegen den politischen Gefangenen Mahmoud Mehrabi verhängt.
Eine alarmierende Verhaftungswelle findet derzeit gegen Regimekritiker und die Bahá’í-Gemeinde statt. Weibliche Gefangene, die sich im Hungerstreik gegen die Todesstrafe befinden, werden massiv schikaniert. Der Friedensnobelpreisträgerin Nasrin Mohammadi wird im berüchtigten Evin-Gefängnis die notwendige medizinische Versorgung verweigert.
Zudem erlebt die iranische Gesellschaft eine neue Welle von vorgeblichen Serienmorden an Regimekritiker:innen, ähnlich denen unter Ali Akbar Rafsandschani in den 1990er Jahren. Gleichzeitig nehmen die Drohungen gegen iranische Oppositionelle und die jüdische Gemeinde in Deutschland und anderen westlichen Ländern zu. Das Mullah-Regime hat dafür offenbar organisierte kriminelle Gruppen rekrutiert.
Doch trotz Terror und Hinrichtungen protestieren Frauen weiterhin gegen die Zwangsverschleierung und streiken Arbeiter:innen, Student:innen und Lehrer:innen in den iranischen Städten. Auch in Regionen wie Belutschistan, Kurdistan, Lorestan und Khozestan gehen die Proteste weiter, wenn auch nicht mehr mit der früheren Intensität.
Am gestrigen Samstag fanden in den kurdischen Gebieten, darunter auch in Saqqez, der Geburtsstadt von Mahsa, Streiks im Gedenken an Jina Mahsa Amini statt, die am heutigen Sonntag erfolgreich fortgesetzt werden. Auch die Eltern von Mahsa wurden von den Sicherheitskräften unter Hausarrest gestellt.Das Regime versucht zurzeit, iranisch-kurdische Oppositionelle aus den kurdischen Gebieten im Irak zu vertreiben oder nach Teheran ausliefern zu lassen.
Wir sind solidarisch mit unseren kurdischen Landsleuten. Ihre Sicherheit muss von kurdischen Autonomiebehörden in Iraq unbedingt gewährleistet werden.
Mit all diesen Gräueltaten begehen Khamenei und Pezeshkian Verbrechen gegen die Menschheit. Sie müssen vor Gericht und zur Rechenschaft gezogen werden!
Liebe Freundinnen und Freunde,
ich sage auch Shervin, Toomaj, den Geschwistern Mahmoud und Maryam Mehrabi, Fatemeh Sepehri und den deutschen Geiseln Nahid Taghavi und Jamshid Sharmahd sowie allen politischen Gefangenen und den Angehörigen der Hingerichteten und Inhaftierten: Ihr seid nicht allein in eurem Kampf. euer Mut, euer Widerstand und euer unerschütterliches Engagement für Freiheit und Demokratie im Iran inspirieren uns, und wir werden euch weiterhin tatkräftig unterstützen.
Stoppt die Hinrichtungen! Freiheit für alle politischen Gefangenen und Geiseln im Iran!
Liebe Freundinnen und Freunde,
die Unterstützer:innen der Mahsa-Revolution, Toomaj Salehi, Heshmat Tabarzadi und die Geschwister Mehrabi und viele andere sitzen im Foltergefängnis von Freiburgs Partnerstadt Isfahan.
Alle politischen Gefangenen in Isfahan müssen freigelassen werden, sonst muss die Partnerschaft Freiburgs mit Isfahan sofort beendet werden.
Liebe Freundinnen und Freunde,
ein weiteres kulturlativistisches Projekt war das Islamische Zentrum Hamburg.
In meiner Rede am 03.10.2023 vor dem inzwischen geschlossenen IZH habe ich vorgeschlagen: Ich zitiere: “Von dieser Blauen Moschee aus darf kein Islamismus, Antisemitismus und Terrorismus der Mullahs mehr verbreitet werden. Sie soll als demokratisches iranisches Kulturzentrum genutzt werden, das die humanistische iranische Kultur und Zivilisation und die nach der Ermordung von Mahsa Amini entstandene Frauen-Leben-Freiheit-Bewegung repräsentiert, die die Menschen in Hamburg und in der ganzen Welt tief bewegt hat: Ein iranisches Jina Mahsa Amini Kulturzentrum.”
Ich fordere, dass dieses Schild zu Ehren von Jina Mahsa Amini, dem Dorn im Auge der Mullahs, vor dem IZH aufgestellt wird.
Die Frauen im Iran schreiben mit ihrem Mut und ihrem Leben Menschenrechtsgeschichte. Ohne die Frauen wird es keinen Sturz des Mullah-Regimes geben. Die Revolutionsgarden sind der wichtigste Repressionsapparat gegen die Frauenrevolution und dienen dem Schutz des Gender-Apartheid-Regimes, das die Sicherheit und den Frieden in der Welt bedroht.
Die Appeasementpolitik muss sofort beendet und die Revolutionsgarden auf die deutschen und europäischen Terrorlisten gesetzt werden.
Außerdem müssen die Berliner Terrorbotschaft und alle religiösen Einrichtungen der Mullahs, einschließlich der IGS und des Berliner Al-Mustafa-Instituts, in Deutschland geschlossen werden!
Es lebe die Frauen-Revolution!
Marg bar Khamenei und Joumhouri Islami
Zan Zendegi Azadi- Jin Jin Azadi- Woman Life Freedom!
Vielen herzlichen Dank!
Dr. Kazem Moussavi
Berlin, 15.09.2024
Die überparteiliche Kundgebung in Berlin wurde von Frau Dr. Rahmani organisiert.