Die verhängnisvolle Städtepartnerschaft Freiburg-Isfahan: Offener Brief an OB Dr. Dieter Salomon (Die Grünen)

Sehr geehrter Herr Dr. Salomon,

Sie kritisierten im BZ-Gespräch am 28.4. die Festnahme von 30 jungen Homosexuellen durch die iranischen Revolutionsgarden in Isfahan. Aber zugleich haben Sie am 29.4. die ideologisch-staatlichen Repräsentanten der Unterdrückung von LGBT-Menschen im Iran empfangen. Das klerikale Regime braucht zur Abschreckung derartige Repressalien sowie Ihren freundlichen Empfang seiner Vertreter, zu einer Zeit eskalierender interner Machtkämpfe während der Scheinpräsidentschaftswahlen, die von der Mehrheit der Bevölkerung und der Opposition boykottiert werden.

Sie sagten in Bezug auf die Festnahme: “Das ist eine brutale Diktatur.” Aber in Ihrem Brief an den Bürgermeister Isfahans schreiben Sie, der Iran (Diktatur) sei Unterzeichner des UN-Zivilpakts und habe diesen ausdrücklich anerkannt“. Damit drücken Sie Ihre Illusion aus, das religiös-apokalyptische Regime sei reformierbar. Außerdem betonen Sie mit Ihrer Bitte an den Bürgermeister um Information zur aktuellen Situation der Verhafteten, Ihnen sei natürlich bewusst, dass die Strafverfolgung nicht in die Zuständigkeit der Isfahaner Stadtverwaltung falle. Dadurch aber relativieren Sie die Mitverantwortung des Bürgermeisters an der willkürlichen Festnahme der Homosexuellen und weiterer Verbrechen in Isfahan.

Der Bürgermeister von Isfahan, Mehdi Jamalinejad, ist ein früherer Revolutionsgardist und Hardliner. Er war vor diesem Amt in der Zeit der Sanktionen verantwortlich für die Revolutionsgarden-Geschäfte in Malaysia und Südasien. Jamalinejad gehörte unter anderem zu den vom Religionsführer bestellten iranischen Führungskräften bei den Sitzungen der OPEC-Konferenzen. Er propagierte neulich auf seiner Homepage, dass Isfahans Vorbild und das aller iranischen Städte die heilige Stadt Maschhad ist: “Sie ist eine Stadt mit islamischer Ideologie, die Architektur und soziale und kulturelle Gegebenheiten durchdringt.”

Maschhad ist ein politisches und religiöses Zentrum, das jährlich von mehr als 20 Millionen Touristen und Pilgern besucht wird. Dort befindet sich der heilige Schrein des achten schiitischen Imams Reza als einzige Grabstätte eines schiitischen Imams auf iranischem Boden. Die jährlich gewonnenen Milliardeneinnahmen durch Pilger fließen ins Imperium der religiösen Stiftung „ASTAN GHODS RAZAVI“ des Revolutionsführers Ali Khamenei, die unter anderem die Verbreitung des Fundamentalismus und Antisemitismus der IRI auch in Deutschland finanziert.

Lieber Herr Dr. Salomon,

Seit 2002 unter Ihnen als Bürgermeister wurde die „Freundschaft“ zwischen Freiburg und Isfahan umfassend und systematisch weiterentwickelt. Dies geschieht im Wissen darum, dass in der Diktatur der islamischen Republik Unabhängigkeit und Freiheit vom Austausch der Bürger Isfahans mit Freiburg nicht gewährleistet sind. Und dass die Millionenbevölkerung Isfahans von einer Mitbestimmung in der Politik und Organisation der Stadtverwaltung vollkommen ausgeschlossen ist.

Das Portal des iranischen Propaganda-Ministeriums zitierte Sie, den Freiburger Bürgermeister Salomon, mit der Aussage, es sei eine Ehre für die Bürger und für die Stadt Freiburg als Schwester-Stadt von Isfahan bezeichnet zu werden. Dies sagten Sie bei Ihrem Treffen 2006 mit der Kulturattaché der Berliner iranischen Botschaft, Homayoun Hemati.

Das Regime nutzt diese „verhängnisvolle Freundschaft“ und bezeichnet: „Freiburg als die Schwester-Stadt von Isfahan in der muslimischen Welt“. Die Mullahs scheinen eine geistige vertrauliche Verbundenheit zwischen ihrer Religion und der in Freiburg praktizierten kulturrelativistischen Politik zu spüren.

Lieber Herr Dr. Salomon,

Sie waren im Oktober 2014 Gast der Stadtverwaltung Isfahans. Sie berichteten, zuvorkommend behandelt worden zu sein, ohne dass Sie vor Ort gegen die Menschenrechtsverletzungen und Hinrichtungen öffentlich protestieren hätten. Sie schilderten, dass die Freiburger verliebt in Isfahan seien und Sie sich für den Tourismus nach Isfahan einsetzen würden.

Die Tourismus-Sektoren werden im Iran durch Firmen der Revolutionsgarden und des Imperiums des Religionsführers dirigiert. Trotzdem erlebt man, dass die Freiburger sehr gerne nach Isfahan fliegen und erzählen wie wundervoll diese Stadt sei und wie glücklich deren Einwohner sich fühlten. Doch gibt es auch Freiburgerinnen und Freiburger, die eine Reise nach Isfahan wegen der Scharia Zwangs-Bekleidungsvorschriften und der Menschenrechtsverletzungspolitik der Mullahs kritisch betrachten.

Durch Missmanagement der Wirtschaft lebt die Mehrheit der Bevölkerung Isfahans in Not und Armut. Die zunehmenden Hinrichtungen in den Gefängnissen der Stadt und in der Öffentlichkeit sind besorgniserregend. Es wurden 2015 gemäß der Vergeltungsjustiz fünf brutale Amputationen von Händen, Fingern und Augen vor dem Publikum durchgeführt. Frauen werden von Regimetruppen in Isfahan auf der Straße mit Säure und Messern angegriffen. Der überwiegende Teil der jüdischen und christlichen Bevölkerung des Iran lebt in Isfahan. Die Stadt ist das Zentrum der menschenverachtenden Politik der Mullahs gegen die religiösen Minderheiten. 2016 veranstalteten die Basiiji-Studenten in der staatlichen Universität Isfahan einen antisemitischen Holocaust-Wettbewerb, bei dem die Shoa als “eine Erfindung des zionistischen Regimes” diffamiert und geleugnet wurde. Solch ein Projekt könnte ohne Unterstützung der Stadtverwaltung niemals stattfinden.

Es gibt bis dato keine Informationen seitens der Stadtverwaltung, wohin die in mehr als drei Jahrzehnten entstandenen gefährlichen Abfälle, die durch die nuklearen Aktivitäten in Isfahans Atomanlagen produziert wurden, gelangt sind. In Bezug der dramatischen Trinkwasserversorgung Probleme sagte Freitagsprediger in Isfahan, Emam Seyed Yousef Tabatabai-Nejad 2016: „Schuld an dem Trocknen der Trinkwasser-Oberflächenwasserquelle vom Zayandeh-Roud-Fluss sind unkeusche Frauen Isfahan.”

Lieber Herr Dr. Salomon,

Sie geben der Öffentlichkeit nicht die Namen der Mitglieder der „Theologie-Delegation“ aus Isfahan bekannt. Die zehn staatlichen Geistlichen sind Missionare der Ideologie und Politik des alleinigen Herrschaft-Systems des obersten religiösen Führers (=Welayat-e Faghih) im Iran, die unter dem Deckmantel des schiitischen Dialogs mit anderen Religionen versuchen, die Ziele des Regimes voranzubringen.

Auf dem Programm der Delegation steht außerdem der Besuch der Universität Münster, an der das Regime ein Shia-Lehrstudium in Kooperation mit Mouhanad Khorchide, Professor für islamische Religionspädagogik (ZIT), installiert hat sowie der Besuch eines Gottesdienstes und verschiedene theologische Vorträge in Münster.

Die Mitglieder der Delegation bestehen aus den Vertretern der folgenden Institutionen:

-Büro für islamische Propaganda in Isfahan unter Leitung Hojatalislam Mohammad Gotbis,

-Al-Mustafa-Schulzentren in Isfahan unter Leitung Hojatalislam Djafar Asadis, in Qom Ayatollah Ali-Reza A’arafi,

-Weltverband für die Annäherung der Islamischen Rechts- und Denkschulen in Qom unter Leitung Ayatollah Mohssen Arakis,

-das internationale Zentrum der majma-e jahani Ahl-e Beyt in Qom unter Leitung Ayatollah Mohammad Hassan Akhtaris,

-die Qomer Universität für Religion und Denomination (URD) unter Leitung Ayatollah Seyed Abolhassan Navabs.

Mohssen Araki, Ali-Reza A’arafi und Abolhassan Navab waren bereits zuvor Kooperationspartner der Universität Münster und anderer deutscher Hochschulen und Referenten des iranischen Islamischen Zentrums Hamburg (IZH).

Die Delegation in Freiburg wird von der Abteilung des Ministeriums für Kultur und islamische Aufklärung in der Provinz Isfahan gefördert (Hojatalislam Habib-Reza Arzani). Das Ministerium beschäftigt sich systematisch mit der weltweiten schiitischen Propaganda und Verbreitung antiwestlicher Politik der IRI.

Der Vorsitzende der Islamischen Gemeinschaft der schiitischen Gemeinden Deutschlands, Mahmoud Khalizadeh, sagte am 11.10.2014 zu FarsNews: „Der Aufstieg von ISIS hat die Aktivitäten der Salafisten in Deutschland gelähmt und blockiert und uns die Rahmenbedingungen für das Angebot der schiitischen Aktivitäten im Sinne der Ahlul Bayt (Apokalypse) bereitgestellt.“

Auf der Facebook-Seite der IGS wurde am 1.5.2017 Folgendes veröffentlicht:

„Sheikh Mahmood Khalilzadeh hat sich – Ende April – in der heiligen Stadt Qom mit dem staatlichen Großayatollah Javadi Amoli getroffen. In dem Treffen gab Sheikh Khalilzadeh einen Überblick über die Situation der Schiiten in Deutschland und sagte: „Derzeit gibt es im Westen, speziell in Deutschland, eine Basis der Anhänger der Ahlul Bayt, die auf der Ahlul Bayt und den Denkweisen der Thaqalayn beruht und diese verbreitet und den Umgang mit der dortigen Gesellschaft pflegt“.

Ayatollah Amoli erkannte die Aktivitäten der IGS in Deutschland und deren umfassenden und effektiven Nutzen an und sagte: „Die Präsenz von großartigen Denkern und Wissenschaftlern in Deutschland ist eine Gelegenheit und unter der Berücksichtigung, dass diese für diese Gedanken empfänglich sind, müssen die Anhänger der Ahlul Bayt die Basis für religiöse Gespräche schaffen, und die damit verbundenen Bemühungen wurden bereits begonnen“.

Leitfiguren wie Großayatollah Amoli, der ein Vertrauter des Religionsführers ist, kontrollieren das Management, die Lehrkräfte- und inhalte der islamistischen Kaderschulen sowie die internationalen Projekte auch in Freiburg und Münster der oben genannten staatlichen Organisationen und deren Referenten.

Die IGS untersteht dem Vorsitzenden des schiitischen Gelehrtenrats, Ayatollah Reza Ramazani, dem Leiter des Islamischen Zentrums Hamburg (IZH). Ramazani ist Mitglied des mächtigsten Expertenrates der Islamischen Republik Iran. Das IZH und die IGS sind iranische Organisatoren des jährlichen antisemitischen Al-Quds-Marsches in Berlin.

Eine deutsch-iranische Städtefreundschaft unterstützt nur das menschenverachtende Holocaustleugner-Regime, das Israel vernichten will. Die Partnerschaft zwischen Freiburg und Isfahan ist gefährlich und aufzukündigen.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Kazem Moussavi

Sprecher der Green Party of Iran in Deutschland

Herausgeber von Iran Appeasement Monitor

Berlin, 2.5.2017