Das islamische Zentrum Hamburg und die antisemitische Propaganda des iranischen Regimes in Deutschland

Ulrike Becker, STOP THE BOMB Kampagne: Die schiitischen Islamisten haben sich seit der islamischen Revolution im Jahr 1979 nicht mit dem Sturz des Schah und der Errichtung eines Gottesstaates im Iran zufriedengegeben. Von Beginn an war das Ziel universal. Die Pflicht, “alle Unterdrückten im gerechten Kampf gegen Tyrannen in jedem Winkel der Erde” zu unterstützen, ist in der Verfassung der Islamischen Republik Iran festgeschrieben. Religionsführer Ayatollah Khomeini, Begründer der klerikalen Despotie im Iran, entwickelte das Ziel eines islamischen Einheitsstaates mit globalem panislamischem Geltungsanspruch.

Bei der Verbreitung seiner politisch-religiösen Ideologie bediente sich das Regime auch islamischer Zentren im Ausland. Dem „Islamischen Zentrum Hamburg“ (IZH) mit der Imam Ali Moschee an der Hamburger Außenalster kam dabei bereits vor und während der islamischen Revolution im Jahr 1979 eine besondere Rolle zu: Es war einer der wichtigsten Auslandsstützpunkte bei der Ausarbeitung und Verbreitung von Khomeinis Revolutionsideologie und hatte die Aufgabe, die 600.000 Iraner*innen, die damals in Europa lebten, für die islamische Revolution in ihrem Heimatland zu gewinnen und zu mobilisieren.[1]

Deutschland ist heute das Zentrum der Aktivitäten des iranischen Regimes in Europa, und das IZH dessen wichtigstes ideologisches Zentrum. Das IZH hat jahrelang den Quds-Marsch organisiert, bis die Organisation offiziell an die Quds-AG überging. Aber auch in den letzten Jahren waren Führungskader des IZH am Quds-Marsch beteiligt. Die Bedeutung des IZH zeigt sich unter anderem darin, dass der Leiter direkt von der geistlichen Führung in Teheran bestimmt wird. Momentan steht Ayatollah Reza Ramezani an der Spitze, ein Vertrauter des obersten geistlichen Führers Ali Khamenei, als dessen Stellvertreter in Deutschland er gilt.

Reza Ramazani

Ayatollah Reza Ramezani (IZH)

Während sich das IZH nach außen als kooperativ und dialogbereit präsentiert, sind die Aktivitäten im Kern darauf gerichtet, die islamistische und antisemitische Ideologie des iranischen Regimes zu verbreiten – über Predigten, Zeitschriften, Internetpräsenz und Konferenzen sowie über die „Islamische Akademie“, die an das IZH angeschlossen ist.

„Der Westen“ wird in der von Revolutionsführer Khomeini geprägten Ideologie als Feind der Muslime und Antithese des Islam angesehen. Die „westlichen Mächte der Arroganz“ strebten danach, die gottgewollte Mission der Muslime, die weltweite Verbreitung des Islam, durch Verschwörungen zu vereiteln. Im Zentrum der westlichen „Verschwörung“ stehe die Errichtung des Staates Israel in der islamischen Welt.

Diese antisemitische Ideologie, die den Zionismus als kriminelle Verschwörung globalen Ausmaßes darstellt, wird auch über die Webseite des Zentrums verbreitet. Der religiöse Führer Ali Khamenei widmete kürzlich eine Rede dem „Takfirismus“, also dem Kampf von Muslimen gegen Muslime, die im Januar 2015 auf der Webseite des IZH verbreitet wurde. Er verurteilte die innermuslimischen Auseinandersetzungen; die Muslime sollten sich stattdessen wieder auf den Kampf gegen Israel konzentrieren. Die Kämpfe im Irak und Syrien geschähen, so Khamenei, „während wir eigentlich unsere ganze Energie auf die Konfrontation mit den Verschwörungen des zionistischen Regimes und ihrer Taten, die sie gegen das Heilige Quds (Jerusalem) und die al-Aqsa-Moschee ausgeübt haben, konzentrieren müssten. Das sollte die gesamte Welt des Islam bewegen und aktivieren.“ Khamenei kritisierte also diejenigen islamistischen Gruppen, die die Konfrontation mit Israel nicht ins Zentrum ihrer Aktivitäten stellen und stellte das iranische Vorbild dagegen: „Von Anfang an hat die Regierung der Islamischen Republik … Feindschaft gezeigt gegen das zionistische Regime. Diese Politik hat sich bis heute fortgesetzt. … Wir halfen der Hisbollah im Libanon, die eine schiitische Gruppe ist, in der gleichen Weise, wie wir der Hamas und dem Islamischer Dschihad geholfen haben, und wir werden es auch weiterhin tun … Ich kündige an – und das wird auf jeden Fall geschehen – dass die Westbank wie Gaza bewaffnet werden sollte“.

Die Entstehung von ISIS bezeichnete er, dem Verschwörungsdenken entsprechend, als Erfindung des Westens: „Es ist eine unbestreitbare Tatsache, dass die Takfiri-Ausrichtung und die Regierungen, die sie unterstützen und schützen, dies in völliger Ausrichtung der Ziele der Arroganz und des Zionismus tun. Ihre Arbeit steht im Einklang mit den Zielen der USA, der kolonialistischen Regierungen in Europa und der Regierung des zionistischen Besatzungsregimes. (…) Die Takfiri-Ausrichtung erscheint auf den ersten Blick islamisch, aber in der Praxis steht sie im Dienst der großen kolonialistischen, arroganten politischen Ausrichtungen, die gegen die Welt des Islam arbeiten.“

Ein anderes Thema auf der Webseite waren in jüngster Zeit die Charlie-Hebdo Karikaturen. Die Meinungsfreiheit müsse dort eine Grenze haben, wo die „Gefühle und Emotionen“ der Muslime verletzt würden, forderte IZH-Leiter Ramezani: „Die millionenfache Publikation der beleidigenden Karikaturen durch die Zeitschrift „Charlie Hebdo“ ist ein gezielter Affront gegen den reinsten Menschen, den Propheten des Islam (Der Frieden Allahs sei mit ihm und seinen Nachfahren). Sie hat zur seelischen und emotionalen Kränkung und Schmähung von 1,5 Milliarden Muslimen geführt und eine tiefe Wunde in ihren Herzen hinterlassen. Zugleich hat sie die Sicherheit der Gesellschaft in Bedrohung gebracht. Daher ist diese Tat aus unserer Sicht nicht nur gegen die ethischen und moralischen Grundsätze, sondern auch gegen die Menschenrechte sowie gegen jegliche Vernunft. Sie ist somit aufs Schärfste zu verurteilen.“

Diese Rede ist nicht nur eine Verhöhnung der Opfer des islamistischen Massakers gegen die Charlie Hebdo Redaktion, sondern auch als massive Drohung gegen jede Form der Kritik am Islam zu verstehen. Im Iran wartet der 30-jährige Soheil Arabi im Gefängnis auf die Todesstrafe, weil er auf Facebook den Propheten Mohammed beleidigt haben soll. Dies entspricht dem iranischen Rechtssystem, das auf dem religiösen Gesetz der Scharia basiert; auf den Abfall vom Glauben bzw. „Krieg gegen Gott“ steht die Todesstrafe.

Aber auch im Ausland bekämpft das iranische Regime seine Feinde, und dabei spielt auch das IZH eine Rolle. Während der Aufstände im Iran im Sommer 2009 berichteten in Hamburg lebende iranische Oppositionelle von Drohungen iranischer Agenten. Die Angst ist berechtigt: Das iranische Regime hat immer wieder durch terroristische Gruppen Anschläge im Ausland verübt und Oppositionelle hingerichtet. Laut dem „Iran Human Rights Documentation Center“ sind seit 1979 mindestens 162 von der iranischen Führung angeordnete außergerichtliche Tötungen von Exiloppositionellen in 19 Ländern belegt. So wurde der Generalsekretär der Kurdischen Demokratischen Partei Irans (PDKI), Abdul Rahman Gassemlou, zusammen mit zwei Begleitern 1989 in Wien ermordet. Der demokratische Politiker Shapour Baktiar wurde 1991 in Paris von iranischen Agenten getötet. Ein Jahr später wurden im Berliner Restaurant Mykonos vier kurdische Politiker hingerichtet, darunter der neue Generalsekretär der PDKI, Mohammed Sadegh Sharafkandi. Einer der Mörder, Kazem Darabi, verkehrte nach Angaben von Oppositionellen auch im IZH. Auch Hisbollah-Anhänger treffen sich in den Räumen des IZH.

Vom Iran organisierte Terroranschläge im Ausland richten sich auch gegen israelische und jüdische Ziele. Der größte antisemitische Anschlag nach 1945 war der Bombenanschlag auf das jüdische Gemeindezentrum in Buenos Aires, bei dem 85 Menschen starben und 300 verletzt wurden, und für den das iranische Regime direkt verantwortlich war.

Iranische staatliche Einrichtungen in Deutschland sind deshalb eine Gefahr für Juden und Jüdinnen sowie für iranische Oppositionelle. Von der Öffentlichkeit wird das IZH aber nicht so wahrgenommen, vielmehr als Ort des Dialogs dargestellt und als Partner gegen den Extremismus gesehen. An einer Konferenz des Zentrums am 10. Januar 2015 nahm nicht nur Mustafa Yoldas teil, der ehemalige Leiter der 2010 verbotenen islamistischen Organisation IHH, sondern auch Aiman Mazyek, der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime und die Islamwissenschaftlerin Katajun Amirpur von der Universität Hamburg. Vor allem aber ist das IZH als Mitglied der Schura, einem Verband von Moscheevereinen, seit 2012 durch einen Staatsvertrag offizieller Partner der Stadt Hamburg.

islamvertreter bei izh

Aiman Mazyek, der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime in Deutschland (mit roter Krawatte)

katajun amirpour

Mustafa Yoldas (IHH) und Katajun Amirpur von der Universität Hamburg

Diese Integration des IZH  ist die Folge dessen, dass das iranische Regime als Partner gesehen und der Islamismus als Ordnungsfaktor im Nahen Osten akzeptiert wird. Sie entspricht einem rassistischen wie kulturrelativistischen Blick auf den Islamismus, der als Ausdruck der kulturellen Besonderheit von Muslim*innen gesehen wird und nicht als militanter Angriff auf individuelle Freiheiten und Menschenrechte. Dieser Ansatz festigt das Regime und behindert auch die Opposition gegen den Islamismus hier, wofür der Hamburger Senat wie die Hamburger Uni und alle diejenigen verantwortlich sind, die sich am Dialog mit dem IZH und seiner Verharmlosung beteiligen.

Mit dem Hamburger Außenposten der islamistischen und antisemitischen Diktatur im Iran darf es keine Kooperation geben. Es ist vielmehr notwendig, den Staatsvertrag mit dem IZH aufzulösen und der islamistischen Ideologie und all ihren Vertreter*innen entschieden entgegen zu treten und sie zu isolieren. Stattdessen sollte die demokratische und säkulare Opposition im Iran, im Nahen Osten und im Exil in ihrem Kampf gegen Islamismus, Antisemitismus und das iranische Regime auf allen Ebenen wirksam unterstützt werden.

Der Artikel ist erschienen bei der Broschüre des Antifaschistisches Berliner Bündnis gegen den Al QudsTag 2015

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[1] Vgl. Udo Wolter, Beispiel Al-Quds-Tag. Islamistische Netzwerke und Ideologien unter Migrantinnen und Migranten in Deutschland und Möglichkeiten zivilgesellschaftlicher Intervention, Berlin 2004.

Bemerkung: Der neue Hamburger VS-Bericht erwähnt wieder das IZH. Es heißt dort u.a., dass ca. 30 Hisbollah-Anhänger im IZH verkehren. Dem Hamburger VS zufolge haben ca. 120 Personen aus Hamburg letztes Jahr am Quds-Marsch teilgenommen, insgesamt waren es demnach ca. 1.200 Leute. Es gibt nach wie vor “Anhaltspunkte” dafür, dass das IZH an Organisation und Durchführung des Quds-Marsches mit beteiligt ist.

 

 

 

 

 

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